Frankfurts Schottergärten begrünen. Umweltpolitik ohne Zwang ist besser

Schottergärten sind im Trend. Doch ökologisch sind sie keinesfalls. Gleichwohl breiten sie sich seit Jahren in deutschen Vorgärten aus. Schotterflächen aus Kies oder Steinen unterschiedlicher Herkunft, die nur noch vereinzelt von spärlichen Pflänzlein geziert werden.

Gartenbauer verdienen gut an jenen Steinflächen, deren Herstellung rasch hunderte Euro kostet. Die Gartenbesitzer werden mit dem Versprechen gelockt, die Flächen wären pflegeleicht. Dass das nicht unbedingt stimmt, wissen diejenigen, die mühsam Unkräuter aus den Ritzen zwischen den Steinen zu entfernen versuchen. Zudem setzen Kiesel mit der Zeit Moos an.

Das akkurate Aussehen kann also schnell in Richtung Verwahrlosung kippen, wenn nicht in regelmäßigen Abständen Laubbläser und Hochdruckreiniger zum Einsatz kommen, was allerdings den Stromverbrauch in die Höhe treibt. Am schlimmsten aber ist der ökologische Schaden. Im Gegensatz zu klassischen Steingärten, die Insekten vielfältige Nahrung liefern, handelt es sich bei Schottergärten um für die Natur wertlose Flächen. Die Bodenversiegelung, da die Steine in der Regel dicht auf einem Vlies liegen, führt dazu, daß Niederschlagswasser nicht nur schwer in die Erde gelangen kann, sondern bei größeren Mengen auch die Kanalisation belastet, wenn nicht sogar Keller volllaufen lässt. Die Bodenfruchtbarkeit geht zudem verloren.

Hinzu kommt der erwärmende Charakter, der gerade in Städten negativ zu Buche schlägt. Die Steine heizen sich bei sommerlicher Sonnenbestrahlung stark auf, was die ohnehin spärliche Bepflanzung betreffender Vorgärten regelrecht grillt. Staub wird nicht mehr gefiltert. Das Problem Schottergärten ist schon seit einigen Jahren ein Thema in der Frankfurter Kommunalpolitik. Leider hat das nicht zu spürbaren Lösungen geführt. Nun präsentierten im März Planungsdezernent Mike Josef (SPD) und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig („Grüne“) den Entwurf einer „Gestaltungssatzung Freiraum und Klima“. Hier wird der Teufel aber mit dem Beelzebub ausgetrieben. Denn die Satzung geht weit über die Problematik Schottergärten hinaus und greift stark in das Eigentumsrecht der Bürger ein.

Bürokratisches Ungeheuer in Frankfurt

So sollen Bürger künftig gezwungen werden, auch geeignete Dachflächen und Teile der Fassade zu begrünen. Dass dies in einem Konflikt mit eventuell dort angebrachten Wärmedämmplatten führen könnte, die womöglich Beschädigungen erleiden, ist ein Nebenaspekt. Meterhohe Sichtschutzzäune oder künstliche Pflanzen sollen ebenfalls verboten werden. Das alles betrifft nicht nur Vorgärten, sondern auch Gärten hinter den Häusern, die also von der Straße aus gar nicht zu sehen sind. Hierbei handelt es sich nicht um kleine Areale, denn viel Wenig macht ein Viel. Es wird davon ausgegangen, daß 30 Prozent des Frankfurter Stadtgebietes von Gebäude- und Grundstücksfreiflächen geprägt sind.

Die Gestaltungssatzung entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als bürokratisches Ungeheuer. So ist es ja noch akzeptabel, daß die Grundstücksfreiflächen mindestens mit Rasen begrünt werden sollten. Doch je angefangene 200 Quadratmeter der Grundstücksfreiflächen soll in Zukunft ein standortgerechter mittel- oder großkroniger Laubbaum vorgeschrieben sein. Vorhandene Bäume werden zumindest angerechnet. Auf mindestens zehn Prozent der Grundstücksfreiflächen sollen standortgerechte Sträucher gepflanzt werden. Vorhandene Sträucher werden ebenfalls angerechnet. Dächer von Carports, Garagen und Nebenbauten seien mit einer mindestens acht Zentimeter hoher Vegetationstragschicht zuzüglich Filter- und Drainageschicht zu begrünen.

Es fragt sich, welche städtischen Beamten diese Anordnungen eigentlich kontrollieren sollen? Werden alle Carports der Stadt zukünftig abgelaufen, und die Drainageschicht mit dem Zollstock nachgemessen? Verschaffen sich in Zukunft Verwaltungsbeamte via Durchsuchungsbeschluss Zugang zu Privatgärten hinter Häusern, um dort zu kontrollieren, daß mindestens 10 Prozent der Fläche mit standortgerechten Sträuchern bepflanzt wurden?

Es dürfte vermutlich vielmehr zu stichpunktartigen Kontrollen kommen, die Angst bei den Bürgern verbreiten und zudem Geld in die klamme Stadtkasse spülen sollen. Bei Zuwiderhandeln könne nämlich ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro verlangt werden, heißt es.

Meterhohe Sichtschutzzäune sollen außerdem verboten werden. Außer licht- und luftdurchlässigen Zäunen und Hecken ist dann nur noch ein Sichtschutz für Terrassen zulässig. Hier fragt sich der letzte Bürger, was diese Zaunvorschriften noch mit Ökologie oder Klimaschutz zu tun hat. Sofern dadurch kein Nachbar unmittelbar in Sicht und ästhetischem Empfinden beeinträchtigt wird und das Ortsbild nicht leidet, sollten solche Zäune eigentlich im privaten Verantwortungsbereich bleiben.

Massive Eingriffe in Eigentumsrechte

Die Notwendigkeit der neuen Gestaltungssatzung wird folgendermaßen begründet:

„Eine Freiflächensatzung ist auch deswegen nötig, da bestehende Regelungen nicht ausreichen: Festsetzungen in Bebauungsplänen bestehen nur für Teile des Stadtgebiets; ältere Bebauungspläne ohne solche Festsetzungen und unbeplante Innenbereiche überwiegen. Die Vorgartensatzung macht zwar Vorgaben für die Freiflächengestaltung zwischen der Bebauung und der öffentlichen Verkehrsfläche, die übrigen Freiflächen bleiben aber unberührt. Die Baumschutzsatzung verfolgt das Ziel, Grünbestände auf den privaten Grundstücken im Innenbereich zu schützen, Neupflanzungen sind allerdings nur als Ersatzpflanzung vorgeschrieben.“

Hier wird also aus an sich nachvollziehbaren Gründen der Ökologie und Stadtklimas massiv in das Eigentums- und freie Gestaltungsrecht der Grundbesitzer eingegriffen. Das liegt ganz auf der Linie des rot-grünen Bevormundungsstaates. Nun lehnen auch die BFF Schottergärten aus den oben genannten Gründen grundsätzlich ab. Sie sehen das Thema ebenfalls als wichtig an. Und auch sie setzen sich für die Entsiegelung und Begrünung privater Flächen ein. Bei den Vorgärten können Gestaltungssatzungen einen Sinn machen, sofern dadurch das Stadtbild beeinträchtigt wird.

Bei den Dachflächen und den hinter den Häusern gelegenen Hof- und Gartenflächen sollten die Maßnahmen aber nur auf der Basis der Freiwilligkeit der Besitzer in Angriff genommen werden. Die Stadt hat andere Instrumentarien, als Zwang und Bußgeld. So können bei der Bemessung städtischer Abwassergebühren ver- und entsiegelte Flächen anders berechnet werden. Bürgern, die Flächen entsiegeln und begrünen können dadurch Geld sparen. Ebenso könnte die Stadt Zuschüsse für die Entsiegelung von Flächen in Aussicht stellen. Auch die kostenlose Lieferung von Erde und einigen Pflanzen wäre ein städtisches Angebot, daß Bürgern die Begrünung von Vorgärten und Hofflächen schmackhaft machen könnte. Städtische Broschüren mit Gestaltungsvorschlägen könnten Bürgern in die Briefkästen geworfen werden, um ihnen Ideen zu vermitteln, die jenseits des Profitinteresses einiger Gartenbauer liegen.

Der Trend zum Schottergarten wird auch wieder vorbeigehen. Viele Bürger sehnen sich nach Grün. Man muß ihnen nur die richtigen Angebote machen, um einen Bewusstseinswandel in Gang zu setzen. Ökologie ist möglich, aber ohne Corona-, Klima- oder Ökodiktatur.

Zuerst erschienen bei bff-frankfurt.de am 6.7.2021